Den USA mag es um historisch begründete Solidarität mit dem jüdischen Staat, aber auch um die Wahrung geostrategischer Interessen gehen. Aber vor allem ist Trump gerade daran, auf Biegen und Brechen Wahlversprechen gegenüber seinen verschiedenen Klientelen einzulösen. Mike Pence ist für die einflussreichen Evangelikalen zuständig. Hier spielt Jerusalem eine zentrale Rolle. Allerdings als Glaubensinhalt, nicht als Stadt mit Menschen in ihrer ganzen Vielfalt. Die ChristInnen Jerusalems, ihre Opposition gegen die US-Politik, ihr Credo für ein inklusives, demokratisches Land, sind Mike Pence egal.
Führt das Konzept der Stadt als heiliger zwangsläufig zum Heiligen Krieg? Zur gewaltsamen Ausgrenzung jener, die nicht zum heiligen Bezirk, zur Macht vorgelassen werden sollen? Wenn die Heiligkeit als religiös (je nach Epoche christlich, muslimisch oder jüdisch) ummäntelter politischer Besitzanspruch der einen über die anderen verstanden wird, ist Unterdrückung logische Konsequenz.
Die Wurzel «heilig» findet sich im hebräischen Begriff hekdesh für etwas, das kein Besitz sein kann, weil es für einen heiligen Dienst vorgesehen ist. Rabbiner David Meyer brachte diesen Gedanken kürzlich für Jerusalem ins Spiel: Heiligkeit nicht nur für das jüdische Volk, sondern für die gesamte Menschheit. Auf Arabisch heisst Jerusalem mit derselben Wortwurzel Al Quds, die Heilige. Im inklusiven Corpus separatum könnten weitreichende Umbrüche ihren Ausgang nehmen. Im Zentrum stünde dann die Heiligkeit der Würde und Rechte der konkreten Menschen. Dafür und nur dafür wäre zu beten und auch aus Kirchen, Synagogen und Moscheen heraus zu kämpfen.