Die Medienlandschaft ist gewaltig im Umbruch. Liebgewordenes verschwindet, neue Projekte vermitteln zusätzliche Perspektiven, insbesondere online. Die Medienpolitik hält mit den Veränderungen noch nicht Schritt. Sie klammert sich an traditionelle Strukturen und lenkt Geld nicht in die Förderung von Qualitätsjournalismus, sondern dorthin, wo bereits verdient wird. Es wird deutlich: Entweder bleibt hilfloses Mitverfolgen der Erosion der Medienvielfalt, oder die Weichen werden in Richtung Stärkung demokratischer Teilhabe an gesellschaftlicher Kommunikation gestellt.
Der freie Journalist Benjamin von Wyl stellt in der Ausgabe 11.20 der Zeitschrift Neue Wege die aktuellen medienpolitischen Grundfragen. Er verlangt mehr Freiheit für den öffentlich-rechtlichen Journalismus sowie öffentliche Gelder für private Medien und die Förderung journalistischer Qualität. Social-Media-Plattformen sollen als öffentliche Räume nach Service-public-Prinzipien geführt werden. Die Medienethikerin Marlis Prinzing entwirft Leitlinien einer Medienpolitik, die den Rahmen schafft für eine digitale, demokratische Mediengesellschaft. Wegmarken sind Medienkompetenz, Gemeinwohlbewusstsein und Verantwortungskultur im öffentlichen Raum.
Die Religionsjournalistin Sylvia Stam fragt nach der Aufgabe religiös-konfessionell geprägter Medien in einer Gesellschaft, in der die Bedeutung institutionalisierter Religion abnimmt, die Notwendigkeit kompetenter Berichterstattung und Einordnung aber wächst. Im Neue Wege-Gespräch wird die Frage gestellt, wie aktuelle soziale Bewegungen Gehör in der Schweizer Medienlandschaft finden. Mit den Perspektiven der feministischen, der antirassistischen und der Klimastreikbewegung beteiligen sich Céline Schwarz (Zeitschrift netto.null), Ugur Gültekin (WOZ) und Helena Rust (Zeitschrift RosaRot) an der Diskussion.
Die Neuen Wege mit ihrer 115-jährigen Geschichte und einer erfreulich bewegten Gegenwart stehen selber vor der Frage, welchen Platz sie als Printprodukt in der Medienzukunft finden. Die Redaktionsleitung diskutiert im Heft über Twitter, das Reich Gottes und den Verband «Medien mit Zukunft», in dem die Neuen Wege gemeinsam mit anderen für Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus kämpfen.
Inhalt
Ein öffentlich-rechtliches Facebook rettet den Journalismus
Benjamin von Wyl
Wenn Religion keine Schlagzeilen macht
Sylvia Stam
«Es braucht Nebenräume, in denen Diskussion möglich ist»
Neue Wege-Gespräch mit Céline Schwarz (netto.null), Ugur Gültekin (WOZ) und Helena Rust (RosaRot)
Medienpolitik und das Gegenbild der drei Affen
Marlis Prinzing
Anstoss!: Kafala
Iren Meier
Mit der Logik des Kapitals brechen
Kurt Seifert
Gedichte auf Leben und Tod
Andreas Knapp
In eigener Sache: Die Zeitschrift und ihr Netzwerk von Menschen
Geneva Moser und Matthias Hui