Dabei legt das Neue Testament nicht nur in der Verwendung des Wortes, sondern erzählerisch, beispielsweise in den Berufungsgeschichten der Jünger*innen oder in Heilungsgeschichten, dar, was mit «glauben» gemeint ist. Gleich zu Beginn des Johannesevangeliums ist zu lesen, wie die ersten Jünger Jesus finden und damit zum Vertrauen auf ihn.
In Vers 1,36 heisst es: «Johannes richtete seinen Blick auf Jesus, wie er vorbeiging und sagte: ‹Hier ist das Lamm Gottes.›» Bei genauer Betrachtung lässt sich erkennen, dass ein tieferes Sehen gemeint ist: Johannes sieht sich genau an, wie Jesus «seinen Gang geht», so muss man das Verb «peripateo» übersetzen. Das bedeutet nicht, dass er ihn beim Spazierengehen oder im Vorbeigehen beobachtet. Gemeint ist, dass er seinen Lebensweg, seine Lebensweise betrachtet und zu dem Schluss kommt, dass Jesus das «Lamm Gottes» ist, in der Sprache des Johannesevangeliums die Rettung durch Gott. An Jesus können Menschen praktisch erfahren, wie Gottes Hilfe wirkt: durch ein solidarisches Leben.
Daraufhin gehen Andreas und ein zweiter Johannesjünger hinter Jesus her. Was sie suchen, weiss Jesus ja: Hilfe und Rat in bedrohlichen Zeiten. Das Evangelium ist in einer Zeit geschrieben, in der die Jesusleute es schwer haben, ihre Überzeugung zu leben und zu bewahren. Und so fragen sie Jesus ganz folgerichtig: «Wo wohnst du?» Damit ist nicht Jesu Wohnort gemeint, seine Adresse, sondern es ist die Frage: «Wo stehst du? Wo hältst du es aus? Wo kann man mit dir gemeinsam standhalten?» Sie werden eingeladen, seinen Standort, seinen Standpunkt kennenzulernen; und sie brauchen dafür einen Tag, heisst es. Den Messias entdeckt man nicht allein, er erschliesst sich in der Auseinandersetzung mit ihm. Eine neue Gemeinschaft ist am Ende des Tages entstanden, die so viel Ermutigung enthält, dass Andreas seinem Bruder Petrus freudig verkündigen kann: «Wir haben den Messias gefunden!» Und Petrus vertraut auf die Aussage seines Bruders Andreas und findet ebenfalls zu Jesus.